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Ankunft in einer Zukunft ohne Frauen (T3CON15 Tag 1)

Heute und morgen trifft sich die TYPO3-Community zur jährlichen, europäischen Konferenz in Amsterdam. In der niederländischen Hauptstadt findet das Event in der atemberaubenden Location Beurs van Berlage statt. In zwei riesigen Sälen und zwei weiteren großen Räumen ging es am ersten Tag um Business-Themen.

Keynote mit Weitblick

Eröffnet wurde der erste Tag mit der Keynote von Alain Veuve zum Thema "Why you should think beyond Digital Transformation!". Dabei ging er zum einen auf den technischen Fortschritt, welcher in den vergangenen 100 Jahren eher exponentiell als linear verlaufen ist und dies auch in Zukunft tun wird, ein. Zum anderen wird es neben einem demographischen Wandel auch ein vollkommen neues  Selbstverständnis von Technologie und der Integration in unseren Alltag ergeben. Nachfolgende Generationen werden Technik wesentlich schneller adaptieren, als wir dies heute tun. Untermalt hat er diese Aussagen mit dem tagesaktuellen Thema aus dem Film "Zurück in die Zukunft". Heute war der 21.10.2015, der Tag an dem
Marty McFly in der Zukunft angekommen ist. Viele der damals unvorstellbaren Visionen wie bspw. Mobile-Payment oder Video-Telefonie sind heute Realität. Hollywood hatte an dieser Stelle ein gutes Händchen für Visionen. An vielen Stellen haben Aussagen über die nahe oder ferne Zukunft die Realität auch schon weit verfehlt. Laut Alain Veuve wird kurzfristiger Fortschritt oft überschätzt, langfristiger Fortschritt dagegen eher unterschätzt. Unternehmen sollen daher auf langfristigen Wandel bauen. Unternehmen, welche die Entwicklung in der Gesellschaft und der Technologie analysieren und daraus passende Geschäftsmodelle ableiten, werden laut Alain Veuve in Zukunft klare Vorteile haben. Alle Ausführungen und die Definition von "Perpetual Disruption" findet man im Blog von Alain Veuve.

Content von Morgen braucht eine Strategie

Babak Zand hat heutige Herausforderungen von Unternehmen in der Erzeugung von relevantem und sichtbaren Content beleuchtet. Mehr noch - Er hat ein Modell vorgestellt, mit dem man diese Herausforderungen strukturiert lösen kann. Laut Babak Zand sind aktuell viele Kundenansprachen nicht mehr zeitgemäß und oft am Bedürfnis des Kunden vorbei gedacht. Niemand sucht mehr Informationen. Es werden Lösungen erwartet. Im Kontext von Webanwendungen bedeutet das, dass diese immer und überall (insbesondere mobil) verfügbar sein müssen und mehr noch: Sie müssen dem Nutzer in seiner jeweiligen Situation helfen. Laut Babak Zand sind die meisten, wenn nicht sogar alle, Produkte heute ersetzbar. Damit erreicht man Kundenbindung nur noch dann, wenn man neben dem Produkt Erfahrungen (Experiences) bietet. Dies können Features oder Services sein, welche die Erwartungen von Kunden übertreffen. Für die Erzeugung von relevantem Content stellte er seinen selbstentwickelten Leitfaden "Framework for Content Strategy" vor. Dieser umfasst folgende Schritte:

  1. Planung vor der Planung
  2. Kick-Off Meeting
  3. Content-Audit
  4. Analyse
  5. Content-Workshop
  6. Content-Planung
  7. Content-Erstellung
  8. Content-Management
  9. Controlling und Messung


Mehr zu diesem und vielen weiteren Themen bietet der Blog von Babak Zand.

Keine Angebote, keine Verträge, keine Sprints

Mit der Abkürzung RE.A.L. (Raw Estimates, Agile, Lean) hat Sven Ditz eine neue Herangehensweise an die Umsetzung von Projekten vorgestellt, welche zum Nachdenken anregt. Laut Sven Ditz hat seine Agentur mit diesem Ansatz einen radikalen Wandel vollzogen, welcher das Ziel verfolgt, jegliche Verschwendung zu vermeiden. Projekte bekommen nur noch einen groben Rahmen, welcher 3 Dinge abgrenzt:

  • Budget (bspw. 250TEUR)
  • Zeitraum (12 Monate)
  • die Namen der Module
     

Dabei werden keine Konzepte geschrieben, keine Angebote erstellt und auch keine Verträge geschlossen. Der große Vorteil: Es kann sofort mit der Entwicklung eines Prototypen und damit eines "Proof of Concept (hier besser: Idea)" begonnen werden. Aus Sicht der Agentur klingt dies natürlich traumhaft. Es wurde jedoch eingeräumt, dass dies keine Ressourcenengpässe löst und darüber hinaus einen sehr guten Planungsmechanismus voraussetzt. Sven Ditz hat klar gesagt, dass nicht alle Kunden zu diesem Modell passen und man sich natürlich auch von Kunden trennen kann, welche das Modell nicht mitgehen. Dies wird nicht zuletzt dadurch möglich, dass es eben keine Verträge gibt. Ob dies juristisch betrachtet auch so einfach ist und welche weiteren Herausforderungen dieser Wandel mit sich bringt, konnte im Rahmen des Vortrages nicht beleuchtet werden. Evtl. ergibt sich morgen noch die Gelegenheit, diese Fragen weiter zu beleuchten.

Neu im Programm: Pecha Kucha

Im zeitsparenden Vortragsmodus Pecha Kucha (http://www.pechakucha.org/) wurden zahlreiche Fallstudien vorgestellt. Abgesehen davon, dass einige größere Portale bereits auf Basis TYPO3 7.x umgesetzt wurden, gab es wenige revolutionäre Dinge, welche mit TYPO3 umgesetzt wurden. Ein gewisser Trend ist in der Verlagerung der führenden Content-Quellen zu sehen, sodass in einigen Fällen TYPO3 "nur" noch das Frontend für zahlreiche Systeme im Hintergrund darstellt.

Social Intranet mit NEOS

Eine etwas ausführlichere Fallstudie wurde von Ric van Westhreenen vorgestellt. In seinem Vortrag hat er zunächst den Wandel von Arbeitsplätzen beleuchtet. Neben dem Bedarf an coolen neuen Office-Konzepten wandelt sich auch die Erwartungshaltung von Mitarbeitern. Flexible Arbeitsorte und -zeiten werden ebenso erwartet, wie Tools, welche heutigen Anforderungen gerecht werden. Ric van Westhreenen hat dabei insbesondere bisherige Intranet-Strukturen kritisiert, welche Datenfriedhöfen gleichen. Der Nutzer möchte heute selbst bestimmen, welche Informationen er bekommt. Es wird mehr Wert auf aktuelle und individuelle Informationen gelegt, als auf Archive, welche Informationen aus den letzten 20 Jahren enthalten. Mit diesen Erkenntnissen wurde auf Basis von Neos und Flow das Produkt "The Social Intranet" entwickelt. Die Entwicklung wurde nach Scrum
durchgeführt und von 4 Kunden begleitet.

Verschwendung vermeiden, gute Software erzeugen - NoNoNo!

Welche Eigenschaften muss eine Community Software haben, dass diese wirklich Werte erzeugt? Diese Frage hat Hussein Badakhchani damit beantwortet, was man nicht tun sollte:

  1. NoOps - Bedeutet, man sollte den Menschen als Fehlerquelle ausschließen, da dieser noch die meisten Fehler produziert. Software, welche manuelles Eingreifen vermindert, schafft einen hohen Wert, da menschliche Interaktion Zeit und damit auch Geld kostet.
  2. NoDev - Eliminiere alles, was nicht dein Kerngeschäft ist. Nur damit schafft man es, Entwicklungsressourcen dahin zu lenken, wo diese auch Werte schaffen können.
  3. NoIT - Laut Hussein Badakhchani gibt es noch immer IT-Systeme, welche menschliche Aufmerksamkeit erfordern. Weiterhin gibt es Dopplungen in der Systemlandschaft vieler Unternehmen.

Abschließend wurde Hussein Badakhchani noch die Frage gestellt, welche Kriterien für ihn als Entscheider für oder gegen ein Open Source Projekt sprechen. Dabei ist es ihm wichtig zu wissen, wer die Software unterstützt. Ist es ein vertrauenswürdiges Unternehmen, eine große und lebendige Community oder im Idealfall sogar beides. TYPO3 erfüllt das zweite Kriterium aus seiner Sicht und ist daher für viele Entscheider eine gute Wahl.

TYPO3, das einzig wahre CMS?

Patrick Lobacher hat ähnlich wie im Vorjahr noch einmal beleuchtet, welchen Herausforderungen TYPO3 sich heute stellen muss. Wie ich weiter oben schon festgestellt hatte, gibt es in den Fallstudien aktuell wenig spektakuläres zu berichten. Dies liegt zum einen an dem Featureset, welches zwar zeitgemäß aber auf keinen Fall zukunftsweisend ist. Bei seinem Marktvergleich hat Patrick Lobacher versucht, TYPO3 in die breite Landschaft der Content Management Systeme einzuordnen und Chancen für die Zukunft aufzuzeigen. Für kleine und wenig komplexe Projekte ist TYPO3 heute nicht die beste Wahl und soll es auch in Zukunft nicht sein. Während man bei den mittleren Projekten noch um Marktanteile mit Drupal und sogar Wordpress kämpft, tritt TYPO3 bei großen Projekten gegen kommerzielle Enterprise Content Management Systeme an, welche in einer ganz anderen Liga spielen und dort natürlich auch ihre Hausaufgaben gemacht haben. Patrick Lobacher nennt abschließend diese 10 Punkte, welche TYPO3 auch in
Zukunft einen großen Teil des Kuchens sichern sollen:

  1. TYPO3 Inc. (Professionalisierung der Organisation mit Vollzeitstellen für Marketing, Produktentwicklung usw.)
  2. Marktplatz für Themes und Extensions
  3. Starke Vision
  4. Customer Experience
  5. Standards
  6. Ansprache von Großkunden
  7. Umsetzung von "Hot Features"
  8. Fokus auf das Marketing
  9. Konnektoren in alle relevanten Systeme
  10. Cloud
     

Schließende Keynote - kurz aber nicht schmerzlos

Die abschließende Keynote wurde im Programmheft als großartige Überraschung angekündigt. Leider wurde dieses Versprechen nicht eingelöst. Der Redner, welcher wohl Einblick in IT-Projekte der niederländischen Regierung haben soll, hat mit wenig Tiefgang und noch weniger Unterhaltungswert den ersten Konferenztag abgeschlossen. Mit größeren Erwartungen freue ich mich auf die morgige Keynote am "Future Day" zum Thema TYPO3 CMS 7.

Fazit Tag 1

Der erste Tag bot viele spannende Vorträge und ebenso interessante Gespräche in den Pausen. Unter dem Titel "Business Day" wurde auch schon der ein oder andere Blick in die Zukunft gewagt. Im Rahmen der Konferenz wird diese Zukunft jedoch leider von zu wenigen Frauen gestaltet. Sowohl auf der Bühne als auch im Publikum waren diese nämlich kaum vertreten. Wenn TYPO3 die Zukunft mittels verstärkter Nutzerzentrierung gestalten möchte, könnten weitere 50 % der Bevölkerung einen wichtigen Input liefern. 

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