Agile Master, Coaches sowie Befürworter und Interessenten von Agilität sind bei der Online-Konferenz Agile World 2021 am 12. und 13. Juli zu zwei inspirierenden Tagen zusammengekommen. Kreative und inspirierende Perspektiven und Ideen, wie sich agile, zukunftsfähige Organisationen im ‘new normal’ zurechtfinden, sich weiterentwickeln und innovativ werden, wurden von den Organisatoren der improuv GmbH im Vorfeld angekündigt. Wir haben teilgenommen und mitdiskutiert und unser Fazit lautet: Es wurde nicht zu viel versprochen!
Bild-Quelle: Live Sketch von Katrin Bernreiter
Die diesjährige Ausgabe der Agile World fand als Online-Konferenz unter dem Motto ‘ Organisationen der Zukunft‘ statt. Dabei haben zahlreiche nationale und internationale Agilisten nach vorn geschaut, gebannt Vorträgen und Erfahrungsberichten gelauscht, in interaktiven Sessions und im Diskussion-Panel wissenswerte Erkenntnisse zu etablierten und neuen Methoden gewonnen sowie in spielerischen Workshops und spannenden Gesprächen agile Techniken ausprobiert. Ermöglicht wurde der rein webbasierte Austausch mit Hilfe der Konferenzplattformen Hopin und Zoom sowie dem Kollaborationstool Miro.
Von Business Agilität bis Psychologische Sicherheit - Keynotes
Beide Konferenztage wurden von hervorragenden Keynotes eingeläutet. Als erstes stellte Klaus Leopold das Konzept der Flight Levels vor, welche er als den fehlenden Link zur Business Agilität beschrieb. Damit können Organisationen gesamtheitlich, team- und produktübergreifend in die Business Agilität geführt werden. Laut Lepold sind Flight Levels als Modell für die Organisation der Abläufe zu verstehen und stehen damit im Gegensatz zum sonstigen Aufbau der Organisation. So können diese aufzeigen, wo Arbeit entsteht und auf welchen ‘Flugrouten’ sie sich durch die Organisation bewegt.
Anders als Scrum und Kanban wird Agilität mit Hilfe von Flight Levels nicht nur in einzelnen Teilbereichen angewendet sondern in verschieden Bereichen der gesamten Organisation.
- Auf Level 1 (Abläufe), der operationalen Ebene, wird von verschiedenen Teams die operative Arbeit geleistet.
- Level 2 (Abhängigkeiten) übernimmt die vertikale Ende-zu-Ende-Koordination des Wertstroms zwischen den verschiedene Leveln hin und her.
- Über Level 3 (Strategie) wird die Ausrichtung und der Fokus der Arbeit auf die Strategie der gesamten Organisation sichergestellt.
An Tag zwei startete Agile Coach Gitte Klitgaard mit wertvollen Einblicken in das Thema Psychologische Sicherheit. Diese gilt als eines der wichtigsten Voraussetzungen für Leadership und Organisationen der Zukunft. Ein dahingehend sicheres Umfeld für alle Beteiligten zu schaffen, ist eine fundamentale Aufgabe der Führungsrollen. Psychologische Sicherheit wirkt sich positiv auf die Gesamtgesundheit von Organisationen aus und stellt die Weichen für ein Ansteigen von Effektivität, Innovation und Lernen.
Erfahrungen aus der Praxis der Digitalen Transformation
Die Change Kommunikatorin & Ideenmacherin Andrea Lindner und der Digital Pioneer & NewWork Strategist Matthias Gotz haben Einblicke in die Herausforderungen einer dezentralen Organisation im Krisenmodus gegeben. Als Corona einschlug befand sich das Unternehmen der beiden bereits im dritten Jahr der Transformation und konnte dank des Vorsprungs die Krise als Schub für sich nutzen und den Absprung vom Chaos zum professionellen Krisenmanagement meistern.
Während auch die Logistikbranche auf ein operativ schwieriges Jahr 2020 zurückblickt, hat die DB Schenker Europe mit der Einführung der agilen Management Methode Objectives & Key Results (OKRs) begonnen, um die Organisation umsetzungsstärker, kollaborativer und kundenorientierter zu machen. Dominik Borgel, Head of Strategic Projects Europe, und Sascha Parastandeh, externer OKR & Agile Coach ziehen ein positives Resümee.
Über ein Jahr lang hat DB Schenker Europe die OKR Methode im Bereich des Managements mit einem 4-Monats-Zyklus getestet und wird diese nun auch tiefer in die Teams hineintragen. Nebst den positiven Lerneffekten und erzielten Erfolgen gab es auch Fallstricke und Herausforderungen. Hohe Erwartungshaltungen mussten genauso adressiert werden wie Angst vor Kontrolle und entsprechende Gegenwehr. Regelmäßige Retrospektiven und ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) haben geholfen, diese schnell aufzudecken und konstruktiv damit umzugehen. Wichtig sei gewesen, sich besonders am Anfang die notwendige Zeit zu nehmen, um die OKR Methode erlernen, verankern und meistern zu können. Und dabei den Fokus und die Outcome-Orientierung nicht aus den Augen verlieren und immer wieder messen.
Eine große Transformation komplett remote begleiten – vor dieser Herausforderung stand der AXA Konzern als nach dem Go vom Vorstand im März 2020 die Pandemie ein Kick-off mit allen Beteiligten in persona nicht stattfinden durfte. In ihrem Erfahrungsbericht teilte Julia Deike, Tribe Agile Master, wie der Pilot in zwei crossfunktionalen Tribes mit allen im Homeoffice und ganz wenigen hybriden Elementen im Sommer und Herbst 2020 gelingen konnte. Nachdem in den Jahren vorher bereits einzelne Projektteams mit Scrum gearbeitet hatten und auch die IT Abteilung mit Hilfe eines iterativen Prozesses durch eine selbstorganisierte Transformation gegangen war, sollte nun alles größer und mehr aus einer Ende-zu-Ende-Kundenerfahrung gedacht werden. Für die grundlegende Organisation bediente man sich beim Spotify-Modell und organisierte die beiden Pilotteams als Tribes mit einzelnen Squads mit Product Owner und Agile Master, Tribe Lead, Tribe Agile Master sowie tribe-übergreifenden Chaptern. Ein generelles Agile Transformation Team auf Konzernebene sowie heterogene Change Teams haben ebenfalls zum Gelingen beigetragen. Nach der erfolgreichen Pilotphase wird der AXA Konzern nun sukzessive in Tribes organisiert.
Neueste Erkenntnisse zu ‘New Organizing’
Unter dem Titel ‘Systemisch - agil: Zwei Denkweisen, die Zusammengehören’ - hat Torsten Groth neueste Forschungsergebnisse zu ‘New Organizing’ geteilt. Im Vortrag präsentierte er Kernergebnisse des gerade beendeten Forschungsprojekts: „New Organizing?!“. Unter den untersuchten Unternehmen waren namhafte Größen wie Siemens, ING und Sixt und andere Automobilhersteller, Softwarehersteller, Mobilfunkanbieter und Verlage.
Wesentliche Erkenntnisse daraus sind zunächst, dass das Thema Organisationsentwicklung sehr unterschiedlich angegangen wurde; von bottom-up („Graswurzel“) bis top-down, von Insel-Lösungen bis scheinheiligen Einführungen. Hierbei zeigte sich vermehrt eine Organisations- und Führungsvergessenheit. Um dem entgegenzuwirken, sollten sich Organisationen laut Torsten Groth stärker ‘postmodisch’ mit den paradoxen Grundfragen von Organisation und Führung beschäftigen: „Systemtheorie“ und „Agilität“ können sich hierbei komplementär ergänzen.
Auch bei der diesjährigen Ausgabe der Agile World haben wir wieder spannende Keynotes gehört und konnten uns wichtige Impulse und Erfahrungen für unsere Arbeit im Bereich Digital Transformation Consulting und Digital Leadership mitnehmen. Wenn Sie wissen wollen, wie Sie diese neuen Erkenntnisse in die Entwicklung Ihrer agilen Organisation einbringen können, sprechen sie uns über unser Kontaktformular an. Oder laden Sie sich kostenlos unser Whitepaper “The Art of Agile” mit fundamentalem Grundlagenwissen rund um agilen Methoden herunter. Weiterhin bieten wir offene Trainings und individuelle Inhouse-Workshops.